Vita

Sofia Gubaidulina | «composer-in-residence» des Sommer-Festivals 2012

«Ich schreibe keine weltliche Musik, weltliche Probleme sind für den kompositorischen Prozess uninteressant», sagt Sofia Gubaidulina. «Komponieren ist immer eine spirituelle Arbeit. Ich möchte eine Einheit schaffen zwischen meiner Existenz und einer übergeordneten, der göttlichen. Insofern verstehe ich Komponieren als Gottesdienst. Und begreife die Spiritualität als Wurzel und Sinn des Lebens.» Mit diesem Ethos fügt sich die Komponistin, die 1931 in der tatarischen Sowjetrepublik geboren wurde, ideal in die thematische Setzung des «Glaubenssommers» 2012, den sie als «composer-in-residence» mitgestalten wird.

Eine umfangreiche Werkretrospektive führt in ihr Œuvre ein, das nahezu alle Gattungen umspannt, vom Solostück bis zum grossangelegten Werk für Chor und Orchester. Mit dem Ersten Violinkonzert «Offertorium», das Gubaidulina vor über dreissig Jahren für den Geiger Gidon Kremer schuf, erklingt ihr «Erfolgsstück», das ihr internationale Bekanntheit verschaffte und den Weg in den Westen ebnete. Als ihr Hauptwerk bezeichnete sie selbst die beiden Oratorien «Johannes-Passion» und «Johannes-Ostern», die Andres Mustonen zur Aufführung bringt. Aber auch die reichen Schätze aus dem Bereich der Kammermusik, die Gubaidulina für zum Teil unorthodoxe Besetzungen geschrieben hat, gelangen in Luzern zu Gehör.

Eines aber verbindet alle ihre Werke: «Für mich ist die Musik in erster Linie ein Spiegel der Seele und des Geistes», erklärt die Komponistin. «Sie führt mich tief in mein Inneres – und öffnet doch eine Pforte, die mich mit der Aussenwelt verbindet: mit der Menschheit als Ganzes, mit dem Kosmos. Und die Hörer sollen dieses Erlebnis im Konzert nachvollziehen: die universelle Erfahrung eines Einklangs jenseits der Grenzen von Nationen, Religionen und Sozialisation.»