Wolfgang Rihm gibt eine Werkeinführung bei einem Museumskonzert 2019 © Priska Ketterer/Lucerne Festival
Wolfgang Rihm gibt eine Werkeinführung bei einem Museumskonzert 2019 © Priska Ketterer/Lucerne Festival

«Es entsteht nur etwas, wo es nicht steht»
– Wolfgang Rihm

Traurig und gleichzeitig mit grosser Dankbarkeit nehmen wir Abschied von einem der grössten Künstler unserer Zeit und einem der engsten Weggefährten von Lucerne Festival. Wolfgang Rihm war nicht nur als Komponist, sondern seit 2016 als Künstlerischer Leiter der Lucerne Festival Academy eng mit Lucerne Festival verbunden.

Wolfgang Rihms Verbindung zu Luzern begann mit der Aufführung von Gesungene Zeit für Violine und Orchester durch Paul Sacher, Anne-Sophie Mutter und das Collegium Musicum Zürich im Jahr 1992. 1997 wurde er mit einer grossen Werkretrospektive als composer-in-residence beim Festival geehrt. Gemeinsam mit Heinz Holliger und Pierre Boulez, dem Mitbegründer der Lucerne Festival Academy, gehörte Wolfgang Rihm zu den wichtigsten Protagonisten der Gegenwartsmusik bei Lucerne Festival. In der Nachfolge von Pierre Boulez hat er die Lucerne Festival Academy entscheidend weiterentwickelt und geprägt. Mit dem Composer Seminar für junge Komponist*innen aus aller Welt, das er zusammen mit seinem Freund, dem Komponisten Dieter Ammann geleitet hat, hat er eine neue zentrale Säule der Lucerne Festival Academy geschaffen.

Mehr als 50 Werke Wolfgang Rihms gelangten im Rahmen von Lucerne Festival in den vergangenen drei Jahrzehnten zur Aufführung, darunter zahlreiche Auftragswerke und Uraufführungen. In unvergesslicher Erinnerung bleibt die Aufführung seines Orchesterstücks IN-SCHRIFT, die Claudio Abbado und die Berliner Philharmoniker 1998 zur Eröffnung des KKL Luzern glänzend interpretierten. Gerade Claudio Abbado hat in seinen Berliner Jahren eine ganz besondere, innere Beziehung zum Werk Wolfgang Rihms aufgebaut. Das gleiche gilt auch für Riccardo Chailly, der hier zwei Luzerner Auftragswerke aufführte: Unbenannt IV für Orchester mit Orgel im Sommer 2003 mit dem Royal Concertgebouw Orchestra und das für Carolin Widmann entstandene Coll’Arco. Vierte Musik für Violine und Orchester im Sommer 2008 mit dem Gewandhausorchester Leipzig. Zu den unvergesslichen Konzerterlebnissen mit der Musik Wolfgang Rihms gehören auch die fulminante Interpretation von Dis-Kontur mit Riccardo Chailly und dem Orchester der Lucerne Festival Alumni 2019 sowie Mariss Jansons’ Aufführung der Requiem-Strophen mit Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks im Rahmen des Oster-Festivals 2017.

Wolfgang Rihms Präsenz in Luzern als Komponist, Musikdenker und Musikvermittler, der intensive Austausch mit ihm, all das war für uns alle von unschätzbarem Wert und grosser Bedeutung. Neben seinem enzyklopädischen Wissen war er ein Mensch von grosser Herzensgüte und viel Humor, immer neugierig und offen. Die positive Art und Weise, wie er mit seiner Krankheit umging, war uns allen ein grosses Vorbild. Ihm zu begegnen, mit ihm zusammenzuarbeiten, war ungemein inspirierend.

Wolfgang Rihms künstlerischem Schaffen und seiner prägenden Persönlichkeit sind wir für immer aufs Allerengste verbunden. Unsere Gedanken sind bei seiner Frau Verena, seinem Sohn Sebastian und seiner Tochter Katja.

– Michael Haefliger, Intendant von Lucerne Festival

Wolfgang Rihm und Pierre Boulez 2012 © Priska Ketterer/Lucerne Festival
Wolfgang Rihm und Pierre Boulez 2012 © Priska Ketterer/Lucerne Festival